Die nächsten beiden Etappen führten uns zuerst ins nördliche Småland (vom Namen her den Besuchern des bekannten schwedischen Einrichtungshauses gut als „Kinderabgabestation“ 😉 ein Begriff) und danach in die Nähe des Vättern, dem zweitgrößten See Schwedens.
Wir verbrachten 3 Nächte auf einem Campingplatz in Sichtweite des Sees Mycklaflon, der knapp 50km entfernt von Vimmerby liegt. Die Stadt nahe des Geburtsortes von (neben ABBA die weltweit wohl berühmteste, schwedische Persönlichkeit) Astrid Lindgren. Kleine Anekdote noch zu unserem Domizil. Die Sanitäranlagen waren, trotz ihres Alters, zwar in einem sehr guten Zustand, trotzdem fühlten wir uns in unsere Schullandheim-Zeiten zurückversetzt 🙂
Zur ersten Wanderung unserer Reise ging es in den Nationalpark Norra Kvill. In diesem Urwald, den vor allem Kiefern, Fichten und moosbewachsene Felsen auszeichnen, wurde seit 150 Jahren kein Baum mehr gefällt. Die abgerundeten Felsblöcke sind Hinterlassenschaften (die sogenannte Moräne) der letzten Eiszeit, die vor gut 10.000 Jahren endete. Auf dem insgesamt rund 4,5 km langen und hervorragend gekennzeichnetem Pfad wanderten wir um den kleinen & großen Idgölen und auf die Erhebung Idhöjden (45m oberhalb der Seen und 230m über dem Meeresspiegel). In unmittelbarer Umgebung des Nationalparks statteten wir der Kvilleken einen Besuch ab. Die Stieleiche ist mit einem geschätzten Alter von über 1000 Jahren der größte (14m Stammumfang) und zugleich älteste Baum Schwedens. Und ein weiteres unfassbares Naturphänomen lag auf unserer Tagesroute, der Runkesten. Er gilt als einer der größten Wackel- bzw. Schaukelsteine der Welt und kann durch menschliche Kraft bis zu 10cm bewegt werden. Ein steinerner Balanceakt seit der Eiszeit und gleichzeitig auch Quelle folgender Legende. Ein Riese warf den Stein an diese Stelle und drohte damit, dass er denjenigen vernichtet, der den Stein umwirft.
Tag 2 führte uns dann in die Schlucht Skurugata und den 337m hohen Skuruhatt. Zuerst „kletterten“ wir über Geröll durch die rund 800m lange Schlucht, welche vermutlich durch das Gletscherwasser beim Abschmelzen des Eises entstand. An der tiefsten und engsten Stelle der Schlucht (nur 7m breit und fast 60m hohe Felswände zu beiden Seiten) wird es auch im Hochsommer nicht wärmer als 10°C (und das können bis zu 20 Grad Temperaturunterschied sein). Am Berg Skuruhatt, den mit 337m dritthöchstem Berg von Småland, machten wir dann unsere Mittagspause. Mit Blick über das „Waldmeer“, welches bis zum Horizont reicht.
Für die zweiten Etappe zogen wir mit unserem Wohnwagen weiter gen Norden. Von hier aus ging es (am Feiertag) zur Karlsborg fästning, eine Festung die nach ihrer Fertigstellung veraltet war (nach 90 Jahren Bauzeit irgendwie logisch). Als Militärschulstandort wird sie trotzdem noch genutzt und an diesem Tag war Familienbesuchstag. Dadurch wirkte die riesige Anlage, welche die Größe einer Kleinstadt hat, zumindest sehr belebt. Fotos waren aufgrund der militärischen Nutzung aber so gut wie nicht möglich, sodass wir nur den kleinen, achteckigen Leuchtturm aus Holz im Bild festhalten konnten. Danach fuhren wir nach Hjo. Das Städtchen, direkt am Ufer des Vättern, war an diesem Tag Schauplatz eines kleinen Marktes (es gab so gut wie keine Unterschiede zu denen in Deutschland, außer das Elchfleisch-Kebab, welches wir aber bewusst nicht probierten), wodurch es leider schwierig war die urigen Gassen und Häuser zu betrachten. Zum Abschluss des Tages besuchten wir noch die Klosterkyrka in Varnhem. Vor allem architektonisch fanden wir die Kirche dabei sehr interessant. Auf einem Hügel direkt dahinter liegt Kata Gård, die Ruine einer Farmkirche aus der Zeit der Wikinger. Ein modernes Besucherzentrum direkt über den Überresten schützt nicht nur diese, sondern gibt auch viele Einblicke und Informationen zur Geschichte.
Die folgenden 2 Tage schnürten wir wieder unsere Wanderschuhe, denn der Nationalpark Tiveden lag (schon bei der Vorauswahl des Camingplatzes ein Kriterium) quasi vor unserer Wohnwagentür. Mehrere markierte Wanderpfade führen durch den, von Forstwirtschaft komplett unbeeinflussten, Altwald. Diesen kennzeichnen mehrere hundert Jahre alte Kiefern, sanft abgerundete Felsen und die dunklen Waldseen (Tärner genannt). Wir absolvierten mehrere der vorgeschlagenen Routen und kombinierten dabei auch manche. Unsere Wege führten uns sowohl an den Ufern des Storra Trehörnigen entlang (sogar einen Sandstrand gibt es hier), als auch über gut begehbaren Waldboden, über Felsen die es zu übersteigen galt und durch ein paar Spalttäler. Und überall zwischen den glatt geschliffenen Felsen lagen kantige Felsbrocken mitten in der Landschaft. Wie von Riesen dahin gewürfelt. 🙂 Die beeindruckendsten Beispiele sind die Vitsandsgrottorna und der Junker Jägares sten. Letzterer ist übrigens rund 15m hoch. All diese Naturerscheinungen (selbst der Strand) sind Zeugnisse der letzten Eiszeit und während dieser entstanden bzw. von ihr hinterlassen.
So, das war‘s dann heute mal zur geologischen Geschichte Schwedens. Wir hoffen ihr seit nicht eingeschlafen 😉 und freut euch auf unseren nächsten Bericht.
PS: Falls ihr mal hier seid, solltet ihr euch übrigens vor den Trollen in Acht nehmen! 🙂
Eure Berichte und Fotos zeigen – Schweden ist der Hammer!! Ich bin begeistert!! So eine tolle, eindrucksvolle Landschaft!!
Viel Spaß und tolle Entdeckungen weiterhin 🙂
Wir sind genauso begeistert wie du und können nur jedem empfehlen das hier alles mal selbst zu erleben. Die weite Anreise lohnt sich ohne wenn und aber.